Meinung: Supportende vom Fairphone 1

Ende 2013 ist das Fairphone angetreten um ein nachhaltiges Smartphone am Markt zu etablieren. Lange Haltbarbeit, robustes Design, Verwendung von fairen Materialen, Herstellung unter vernünftigen Arbeitsbedingungen und eine am Ende gute Wiederverwendbarkeit der verwendeten Rohstoffe. Ein ambitioniertes Ziel in einem Markt dessen Produktzyklus jedes Jahr neue Smartphones mit neuerer und besserer Technik bereithält. Statt alle zwei Jahre ein neues Smartphone sollte das Fairphone mit Softwareupdates und Ersatzteilen versorgt werden. Lange Benutzungszeit sollte die Umwelt entlasten und Resourcen schonen. Nun wurde für das erste Fairphone das Supportende verkündet. Die Ersatzteile werden knapp und auch die Software verbleibt mit Android 4.2.2 (Jelly Bean) auf einem nicht ganz taufrischen Stand. Ist das Projekt damit gescheitert?

Ich denke ja und nein. Das Fairphone ist prinzipiell eine gute Idee. Aber: die Verwendung von fair abgebauten Rohstoffen, gutem Recycling und besseren Arbeitsbedingungen haben sich mittlerweile auch andere Anbieter auf die Fahnen geschrieben, wenn auch eher aus Marketinggründen. 4 Jahre Support können sich halbwegs sehen lassen. Gerade bei Billiganbietern bekommt man dies nicht. Allerdings bekomme ich für mein 5 Jahre altes iPhone immer noch Updates, wenn der Support auch dieses Jahr enden wird. Ersatzteile gibt es dafür auf iFixit.com auch, inklusive Anleitungen.

Dem Fairphone muss man zugute halten, dass man kein Spezialwerkzeug benötigt um es zu zerlegen. Das zweite Fairphone kommt auf 10 Punkte Reparierbarkeit bei iFixit, das erste auf ebenfalls gute 7 Punkte. Das hat bisher kein anderes Telefon geschafft und daran sollten sich andere Hersteller ein Beispiel nehmen. Wegen mir auch gerne mit Vorgaben seitens der EU. Zumindest der Akku sollte wechselbar sein, da dieser ein absolutes Verschleißteil ist.

Mein iPhone 5 wurde einmal repariert und hat zwei Akkutäusche hinter sich. Trotz Spezialschrauben am Ende kein Problem. Die meisten dürften ein mehrere Jahre altes Telefon eher austauschen, als nochmal Geld und Aufwand in Ersatzteile zu investieren. Oder es kommt gleich alle zwei Jahre ein neues Telefon dank Vertrag.

Auch für den Hersteller ist die Bereithaltung von Ersatzteilen nicht einfach. Vom ersten Fairphone wurden angeblich 60.000 verkauft. Das ist nicht viel. Doch wie viele Ersatzteile sollte der Hersteller hier bereit halten? Und wie lange? Liegen zu viele Ersatzteile auf Lager die am Ende nicht verkauft werden, ist das auch schlecht für die Umwelt. Andere Teile werden vermutlich nie benötigt, oder wie oft geht eine Kamera kaputt? Aktuell gehen beim Fairphone-Hersteller die Akkus aus.

Bei der Software hat sich ebenfalls herausgestellt, dass es gar nicht so leicht ist Geräte mit aktueller Software auszustatten. Beim Fairphone 1 ist der Mediatek Chipsatz dran schuld. Es gibt keinen Treiber für neuere Android-Versionen. Aber auch hier gibt es ein Dilemma für den Hersteller. Neue Betriebssystemversionen herzustellen ist enormer Entwicklungs- und Testaufwand. Daran verdient der Hersteller nichts mehr. Ich habe nie verstanden, warum man daraus nicht ein Geschäftsmodell entwickelt: neue Version kostet 20 Euro. Vermutlich aus dem selben Grund, warum es meist keine Ersatzteile gibt. Den Meisten sind die Updates egal und wenn sie dann auch noch Geld kosten sowieso.

Mein Fazit: das Fairphone ist eine nette Idee, aber nichts für den Massenmarkt. Reparierbarkeit ist schön, Ersatzteile auch. Aber mal ehrlich, die meisten Leute interessiert das nicht die Bohne und wer will bekommt das auch bei anderen Telefonen halbwegs hin. Vorher iFixit checken und dann die Kaufentscheidung treffen. Man muss ja nicht das voll verklebte Smartphone kaufen. Auch wenn gerne auf Apple herumgehackt wird, zumindest die iPhones kann man noch recht gut selbst reparieren. Alternativ bringt man das Ding zu Apple und bekommt es dort repariert. Wenn auch zu unanständigen Preisen.

Der Umwelt wäre auch schon geholfen, wenn man die jetzigen Telefone einfach länger benutzt. Das umweltfreundlichste Telefon ist das, was man bereits in der Tasche hat. Und eventuell kann ja die EU noch vorschreiben, dass zumindest der Akku vom Anwender selbst wechselbar sein muss.

Es wird sich zeigen, wie lange das zweite Fairphone supported wird. Den Hersteller am ersten Versuch zu messen ist etwas unfair. Man entwickelt ein Produkt, macht Fehler, lernt drauf und entwickelt das nächste Produkt.

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