Auf geht’s in die Selbstständigkeit?!

Wer sich mit dem Gedanken trägt, sich selbständig zu machen, dessen Zukunftsvisionen sind natürlich auch getragen von Wörter wie Erfolg und Unabhängigkeit. Schließlich kann niemand ausschließlich von Luft und Liebe leben. Was auch immer die Antriebskraft ursprünglich sein mag, ob es mehr die monetären Ziele sind und man sich finanziell mit den Aldi-Brüdern auf eine Stufe stellen möchte oder ob es die Verwirklichung einer Idee oder Erfindung ist, von welcher man sich fragt, wie die Welt bisher ohne dieses tolle neue Produkt ausgekommen ist, oder ist es einfach der Wunsch nach Unabhängigkeit, indem man sein eigener Chef wird, so wird der Weg zur erfolgreichen Selbständigkeit immer über eine erfolgreiche Existenzgründung führen. Und dies kann durch aus beschwerlich werden. Denn nicht umsonst zerlegt man gern das Wort selbstständig in die Wörter “selbst und ständig”, womit man sich definitiv vom geregelten 8 Stunden Job verabschiedet.

Aber wie anfangen?

Wer sich diese Frage stellt, weiß in den allermeisten Fällen zumindest schon grob was er tun möchte. Es gibt also eine Idee, z.B. zu einem neuen Produkt, einer neuen Biersorte, eine eigenen Handtaschenkollektion. Oder man weiß, dass man gerne hochpreisige Autos verkaufen möchte, sich als Ich-AG feilbieten oder eine eigene Fliesenlegerfirma gründen möchte. Meist sind diese Ideen ja schon geprägt von den eigenen Interessensgebieten und ggf. vorangegangenen Ausbildungen und Weiterbildungen oder einem einschlägigem Studium. Bevor man also losrennt, seinen alten Job kündigt und die Gewerbeanmeldung einreicht, sollte man sich viele, viele Gedanken über seine Idee, deren Umsetzung und den gegebenen Rahmenbedingungen machen. Es muss also eine Art Geschäftskonzept her, das möglichst alle betrachtbare Aspekte und Probleme beleuchtet und wie diese wirtschaftlich vertretbar angegangen und gelöst werden können. Hier tuen sich ganz viele Fragestellungen auf, wie z.B.:

  • Habe ich die notwendigen Ausbildungen, das erforderliche Wissen für meine zukünftige Tätigkeit? Und hier ist nicht nur das rein fachliche Wissen gemeint.
  • Muss ich ggf. eine Meister-Ausbildung nachholen? Muss ich mich darüber hinaus kaufmännisch und steuerrechtlich schulen lassen?
  • Wie hoch ist mein Eigenkapital und was kann ich davon entbehren? Benötige Kredite für die Erstinvestitionen?
  • Wie viel Kredit würde mir welche Bank geben? Und an dieser Stelle schaut sich der Kreditgeber das Konzept auch genau an und macht davon die Kredithöhe, also sein eigenes Risiko, abhängig
  • Wie viel Geld werde ich die ersten Monate verdienen? Komme ich über die Runden, wenn ich die ersten Monate keine Einnahmen habe?
  • Gibt es meine Idee, Produkt, Dienstleistung schon am Markt? Wie groß ist die Nachfrage? Hier ist also soweit, wie möglich, eine kleine Marktforschung angesagt. Natürlich können sich die wenigsten umfangreiche Marktstudien leisten. Aber wenn 50 Friseurunternehmen auf 50.000 Einwohner kommen, könnte sich das auf die erzielbaren Preise auswirken.
  • Was sind meine Rückfallebenen, wenn irgendwas schief geht?
  • Wo sitzen meine zukünftigen Kunden? Muss ich weite Wege zurücklegen um diese zu erreichen?
  • Welche Unternehmensform ist die richtige? GmbH, AG, GbR, UG, etc.
  • Benötige ich Mitarbeiter? Kann ich dies Führen und habe ich entsprechende Management-Qualifikationen?
  • Welche Fremddienstleistungen werden benötigt? Steuerberater, Buchhaltung, Unternehmensberater, Versicherungen, Übersetzer, Personalverwaltung, usw.
  • Welche Steuern muss ich zahlen? Welche Versicherungen abschließen? Welche Beiträge an Handelkammern sind zu entrichten? Welche Nebenkosten habe ich allgemein jeden Monat zu stemmen?

Man sieht also an den Fragestellungen, dass es eine Menge konzeptionell zu definieren gibt. Davon sind eine Teilmenge die rein fachlichen Aspekte, welche direkt mit der Idee oder dem genialen Produkt zu tun haben. Aber es gibt auch eine sehr sehr große Teilmenge an Fragestellungen, die sich alle Existenzgründer unabhängig von den fachlichen Problemen gleich stellen müssen.

Natürlich besteht die Möglichkeit ins kalte Wasser zu springen, sein Gewerbe anzumelden und dann das ganze Schritt für Schritt mittels “Learning by doing” anzugehen und aufzubauen, was wohl aber in den meisten der Fälle schiefgehen wird, außer es handelt sich um ein kleines Hobby oder einer marginalen Nebenbei-Einnahme, wie z.B. der Eigenheimbesitzer, der mit seiner Solaranlage ein paar kWh-Strom im Jahr ins Energienetz einspeist, oder der Garagenvermieter. Für alle, die mindestens ihren Lebensunterhalt damit bestreiten wollen, ist ein ausgereiftes Konzept und genügend steuerliches, kaufmännischen Grund- und Vorwissen ein unbedingtes Muss, um überhaupt eine vernünftige Chance auf dem Markt zu haben. Also lieber einmal mehr über sein Konzept sinnieren. Denn ist die Existenz einmal gegründet, wird man jede freie Minute benötigen um sich seiner Idee, Produkt oder Dienstleistung zu widmen. Und jede Minute, die man sich dann gewerbe- oder steuerrechtlichen Fragen befasst, fehlt dann für die eigentliche Arbeit mit der man sein Geld verdienen möchte.
Und auch das sei gesagt: Das penibel ausgearbeitete Geschäftsmodell ist natürlich keine 100%tige Garantie für eine erfolgreiche Existenzgründung sondern nur eine Risikominimierung. Und für die bestehenden Restrisiken oder den Worst Case, z.B. hochverschuldet und insolvent, sollte man soweit als möglich auch Ausstiegsszenarien im Hinterkopf haben.

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