Mein erster Kontakt mit dem Internet geschah mit dem Netscape Navigator. Netscape war damals das führende Unternehmen in Sachen Browser. Es war der erste kommerziell erfolgreiche Browser. Vorher gab es einen Browser mit dem Namen NSCA Mosaic. Diesen hatte ich mal kurz interessehalber getestet. Mehr aber auch nicht.
Den Browser gab es damals nicht umsonst, man musste ihn kaufen. Auch war es nicht nur ein Browser, sondern eine ganze Suite. Die Suite bestand aus Browser, Mailprogramm und einem HTML-Editor. Das Mailprogramm war damals noch essenziell. Webmailer gab es noch nicht. Wer viel mit Mails zu tun hat, benutzt auch heute noch gerne ein Mailprogramm. Bei mir ist es TheBat, aber das ist ein anderes Thema. Neben der Mailfunktion spielte damals auch das Usenet eine wichtige Rolle. Dort fanden die Diskussionen im Internet statt, bevor es Foren oder gar soziale Netzwerke gab. Das Internet war damals gefühlt “überschaubar”. Nachrichtenseiten stellten ihre ersten Webseiten online, es gab Online-Chats, die ersten Foren und auch sogar Webseiten für Sportwetten gingen online. Alles ging nur am heimischen Computer zu betrachten, Smartphones gab es noch nicht.
Etwas exotischer mutet, aus heutiger Sicht, der HTML-Editor an. Damals war es aber normal und üblich, dass jemand mit Internetzugang, früher oder später sich auch eine kleine Homepage erstellt hat. Viele Internetzugänge boten ein paar Megabyte Speicherplatz dafür an. Facebook und Co. waren in ferner Zukunft und die eigene Homepage war eine Möglichkeit sich selbst im Internet zu präsentieren.
Netscape war als Firma extrem erfolgreich. Dies blieb auch Microsoft nicht verborgen. Man befürchtete, dass das Internet, Webseiten und Internetanwendungen Windows überflüssig machen würden. Internet funktioniert unter jedem Betriebssystem. Für Microsoft eine grausige Vorstellung. Es entstand der Internet Explorer, welcher Windows kostenlos beigelegt wurde. Daneben entstanden Outlook Express und Frontpage Express als HTML-Editor.
Damit wurde Netscape die Basis für Geschäfte entzogen. Warum für einen Browser zahlen, wenn man ihn auch kostenlos verwenden kann. Netscape musste nachziehen und bot daraufhin ebenfalls den Browser kostenlos an. So schnell kann es gehen, gerade noch ein Produkt, welches man verkauft und zack schon steht man ohne Geschäftsgrundlage da. Interessanterweise gelang es nur Opera das Bezahlmodell einige Jahre aufrechtzuerhalten.
Auch das reichte am Ende nicht, Netscape verlor immer mehr Marktanteile. Dies lag auch an der stetigen Weiterentwicklung vom Internet Explorer. Microsoft konnte einfach einen Haufen Geld auf die Entwicklung werfen. Spätestens mit dem Internet Explorer 6.0 war Netscape absolut hinten dran. Wer sich erinnert, der IE 6 ist aus heutiger Sicht ein grausiger Browser. Damals war er modernster Stand der Technik. Auch ich war irgendwann vom Netscape genervt und bin gewechselt. Dies lag nicht nur am Browser selbst, sondern auch an den Webseiten. Die Browserhersteller bauten damals neue HTML-Funktionen in ihre Produkte ein, welche der jeweils andere nicht unterstützte. In Folge waren Webseiten oft für einen oder den anderen Browser optimiert. Auch die Darstellung von Standardfunktion wich damals oft ab. Webdesigner rauften sich die Haare.
Als letzten Schritt entschloss sich Netscape den Browser, als Open-Source freizugeben. In der Hoffnung, dass freiwillige die Weiterentwicklung vorantreiben. Andere Unternehmen auf die Technik aufsetzen und somit Microsoft etwas entgegensetzen. Es einstand das Mozilla Projekt. Über die Zeit der Projektentstehung gibt es eine spannende Dokumentation auf Youtube.
Das Mozilla Projekt brauchte einige Zeit, bevor die erste vernünftig lauffähige Version erschien. Vorher wurde Netscape erst verkauft und wurde dann dicht gemacht.
Mozilla entwickelte sich weiter. Es war noch die Zeit vor Firefox. Der Mozilla Browser war noch eine Browser-Suite. D.h. Mailprogramm, HTML-Editor und Co waren noch an Bord. Die Folge war ein relativ dickes Programm mit Funktionen, welche viele Leute nicht mehr benötigten. Mails wurden von vielen bereits direkt im Browser gelesen und eigene Homepages wurden auch von immer weniger Leuten erstellt. Warum solche Dinge also mitliefern?
Es entstand ein neuer Browser: Phoenix. Der Browser wurde später umbenannt in den heute bekannteren Namen Firefox. Die Mailfunktion wurde in Thunderbird ausgelagert. Der HTML-Editor wurde mehr schlecht als recht unter der Bezeichnung NVU weitergeführt und geriet in Vergessenheit. Mit steigendem Erfolg wurde die Mozilla Suite durch den Firefox abgelöst.
Auch die Suite wurde von freiwilligen weiterentwickelt, das Seamonkey Projekt entstand. Aber die Marschrichtung war klar: extra Programme und jeder kann das nutzen und installieren was er mag.
Irgendwann kam dann der Google Chrome auf dem Markt. Firefox hatte mittlerweile den Marktanteil vom Internet Explorer zurückerobert und war Marktführer. Hatte Chrome anfangs einen schweren Start, gingen die Marktanteile dank schneller Entwicklung und neuer Funktionen langsam aber stetig nach oben. Mittlerweile ist der Chrome der unangefochtene Marktführer. Auch dank der mobilen Android Platform. Microsoft war die Weiterentwicklung des Internet Explorers viele Jahre egal. Man hatte den Mitbewerber erfolgreich platt gemacht, da konnte man die Entwicklung schleifen lassen. Erst spät stieg man in die Weiterentwicklung ein. Mittlerweile gibt es den neuen Edge Browser von Microsoft, aber wirklich erfolgreich ist dieser auch noch nicht.
Eine weitere Entwicklung: die Browser wurden immer “einfacher”. Damit meine ich nicht die Funktionen an sich, sondern die Benutzeroberflächen. Statt vieler Menüs, Buttons und Symbolleisten zog immer mehr Minimalismus ein. Heute besteht ein Browser kaum noch aus sichtbarer GUI. Ein paar Buttons wie vor und zurück sind als Buttons erhalten geblieben. Menü und andere Funktionen verschwanden. Dies führt nun heute dazu, dass Browser recht austauschbar geworden sind. Internet können sie alle. Die Standardfunktionen sowieso. Auch die Webseiten lassen sich mit allen Browsern gleich benutzen.
Inzwischen gibt es eine neue Beobachtung, die Browserengines werden weniger. So stieg Opera von der eigenen Engine auf Chromium um und auch der Edge-Browser wird in Zukunft diese verwenden. Damit gibt es quasi nur noch zwei große Engines, die vom Firefox und Chromium.
Wie man sieht, ist die Entwicklung auch in Zukunft spannend. Wo die Reise hingehen wird, wird sich zeigen.