Wer an Automatisierungssysteme und SCADA-Systeme denkt, der denkt vornehmlich an Großindustrien und Produktionsstrecken. Dort wo verfahrenstechnische Prozesse überwacht und gesteuert werden müssen oder Produktionsschritte beim Abfüllen von Bierflaschen oder dem Zusammenbau von Autos eingehalten werden müssen.
Doch SCADA-Systeme halten auch Einzug im öffentlichen urbanen Leben; meist unbemerkt von der Bevölkerung und den Einwohnern verrichten sie vielfältige Aufgaben zur Steuerung und Überwachung des Stadtlebens.
Was ist ein SCADA?
In aller Kürze sei erstmal geklärt, was ein scada system ist. Der Begriff stammt aus der Automatisierungsbranche und ist ein englisches Akronym für „Supervisory Control and Data Acquisition“, was für so viel steht, wie „Überwachte Steuerung und Datenerfassung“. Im Deutschen spricht man hier auch gern von Bedien- und Beobachtungssystemen. Hier fließen die Daten von vielen Sensoren (z.B. Messungen) und Aktoren (z.B. Motorantriebe) zusammen und werden grafisch auf einem Bedienbild dargestellt. Antriebe kann man über das SCADA meist auch aktiv ansteuern, um z.B. per Mausklick ein Tor zu öffnen, ein Ventil auf oder zu zufahren oder ähnliches. Oftmals übernehmen solche Systeme auch gleich die Datenspeicherung, so dass man sich historische Daten in einem Trend/Diagramm darstellen lassen kann. Darüber hinaus gibt Meldefolgeanzeigen (Alarm und Events), die auf besondere Zustände hinweisen, z.B. wenn in einem Behälter ein bestimmter Füllstand überschritten wird und dieser droht überzulaufen.
Das SCADA-System besteht dann zumeist aus mehreren Bildschirmen, manchmal sogar einer Großbildschirmwand, vor denen dann entsprechend ausgebildetes Bedienpersonal sitzt und die Anlagen und städtischen Infrastrukturen überwacht.
Welche urbanen Infrastrukturprojekte gibt es?
Die moderne Stadt wird in Zukunft immer stärker vernetzt sein und dazu mit Sensorik und Aktorik versehen sein. Als die großen Sektoren, die schon heute einer starken steuerungstechnischen Überwachung unterliegen sind zu nennen:
- Energieerzeugung und Verteilung (Strom, Wärme, Kälte)
- Mobilität (Verkehrsleitsystem, Parkleitsysteme, Schienenverkehr, Flugverkehr)
- Wasser (Trinkwasseraufbereitung, Abwasserentsorgung)
- Gebäudeautomation (Techn. Gebäudeausrüstung, Heizung, Klima, Lüftung, Zutrittskontrollen, Brandmeldetechnik, Objektüberwachung, Einbruchsmeldesystem)
- Müll (Logistik Müllentsorgung, Müllverbrennungsanlagen)
- Überwachung öffentlicher Raum (Überwachung von Bahnhöfen und öffentlichen Räumen, teilweise bereits mit Gesichtserkennung)
Dies alles für sich genommen sind Einzelprojekte, die meistens ein eigens SCADA-System verwenden. Zum Beispiel hat ein Heizkraftwerk in einer Stadt ein eigenes Leitsystem, während die Verteilung der Fernwärme innerhalb der Stadt ebenfalls ein eigenes Leitsystem hat. An den Schnittstellen dieser beiden prozesstechnischen Anlagen findet dann ein Signalaustausch statt bezüglich der zu fahrenden Parameter und benötigten Leistungen.
Wenn man in diesem Fall von Leitsystem spricht, meint man die Gesamtheit bestehend aus Steuerung, z.B. einer SPS, und einem SCADA-System.
Werden neue Stadtautobahnen realisiert, so wird man diese in ein intelligentes Verkehrsleitsystem einbinden, welches Staus erkennt und die heranfahrenden Autos warnt, um Auffahrunfälle zu vermeiden und im besten Fall, bei zum Beispiel Vollsperrungen, den Verkehr optimal umleitet. Darüber hinaus wird man in einem solchen Projekt die Ampelsteuerungen aufeinander abstimmen, Stichwort Grüne Welle, bis hin zu Bussen mit Transpondern, die eine Vorrangschaltung erhalten. Auch für heranrollende Eisatzfahrzeuge ließen sich die Ampeln automatisch auf Grün schalten während die Nebenstraßen auf Rot geschaltet werden.
Das Klärwerk wird gleichzeitig die Wasserqualität des Flusses überwachen in der das geklärte Wasser eingeleitet wird und nur einleiten dürfen, wenn keine Gefahr für Natur und Umwelt besteht.
SCADA für den urbanen Raum
Dies alles funktioniert nur mit sehr vielen Messdaten, die zentral zusammengeführt, ausgewertet und überwacht werden. Und hier kommen die SCADA-Systeme ins Spiel. Diese lassen sich flexibel konfigurieren, indem man Bedienbilder erstellt, die die jeweilige Anlagentechnik abbilden und darauf die Daten visualisiert.
Fragt sich noch, wie kommen die ganzen Daten zum SCADA-System? Im einfachsten Fall über ein Kupferkabel oder über ein Lichtwellenleiterkabel. Nur kann man selten quer durch die Stadt neue Kabel verlegen und Kupferkabel eigenen sich meistens auch nur für relative kurze Entfernungen außer man nutzt bestimmte Protokolle, wie IEC 60870-5-101 oder alte Telefonie-Techniken. Lichtwellenleiter ist da schon besser und offer für vielfältige Protokolle.
SCADA ist aber nicht gleich SCADA. Ein SCADA-System für ein Verkehrsleitsystem in der Stadt wird andere Anforderungen haben also ein SCADA-System für ein Heizkraftwerk. Oftmals kommen unterscheidliche Datenübertragungsprotokolle zum Einsatz. Und auch die Symbol-Bibliotheken für die grafische Darstellung werden unterschiedlich sein.
Fazit
Abschließend lässt sich aber feststellen, dass in eine moderne Stadt wie eine Industrieanlage in vielfältigen Bereichen und Infrastrukturprojekten gesteuert, geregelt und überwacht werden muss, damit die vielen Millionen Zahnräder möglichst reibungslos ineinandergreifen.