Glasfaser für alle! Welch ein Unfug?

Glasfaser für alle? Welch ein Unfug! So lautet der Titel eines Kommentars auf Heise, welcher bereits für 1700 Kommentare und hitzige Diskussionen gesorgt hat. Solche Menge an Kommentaren schafften früher nur ab und zu Freitagstrolldiskussionen über Linux/Windows, heute vielleicht noch wenn jemand Apple über Android lobt. Das Thema ist also kontrovers.

Auch ich bin überrascht von der Naivität des Kommentarschreibers. Immerhin seit Ende der 90er Jahre bei Heise und vermutlich auch im Internet aktiv. Vielleicht auch eine Frage des Alters, irgendwann sagt man sich es reicht doch jetzt mit der Entwicklung. Alles läuft und es kann so bleiben wie es ist. Ich auch nicht so, dass ich mich selbst nicht ab und zu mit solchen Gedanken erwischen würde und meine, dass Windows 2000 das beste Betriebssystem von Microsoft war.

Die Diskussion, dass das Internet ja mittlerweile für all die Anwendungen schnell genug sei und man beim Ausbau daher gepflegt auf die Bremse treten kann ist jedoch müßig. Warum? Weil das Internet schon immer schnell genug war. Zumindest für die meisten Leute. Ende der 90er hatte ich mein erstes Modem samt Internetzugang. Die ersten Kommentare gingen damals in die Richtung, wozu man dieses Internet überhaupt brauche. Man selbst brauche so etwas ja nicht. Nachrichten? Zeitung kann man auch so lesen. Online-Banking? Wozu, man kann doch zur Bank gehen.

Ein paar Jahre später stellten diese Leute fest, dass das Internet doch hier und da nützlich sei. So hatten sie mittlerweile ein Modem. Ich hatte damals ISDN und durfte mir gelegentlich anhören, dass Modem doch schnell genug sei, ISDN sei doch viel teurer. Das Spiel wiederholte sich auch bei DSL.

Fortschritt ist schwierig. Leute die mir vor wenigen Jahren versicherten, dass 100 MB mobiles Internet mehr als genug reichen würde, denen reichen jetzt 1 GB locker aus. Mehr brauche man doch nicht. Die Ansprüche sind fließend und passen sich an. Gelegenheit macht nicht nur Diebe, sondern schafft auch Anwendungen. Dienste wie Online Backup, Dropbox, Streaming und Clouddienste entstehen dort zuerst, wo die entsprechenden Bandbreiten sinnvoll einsetzbar sind. Nicht dort, wo der 1 GB Tarif in 100 kb Schritten abrechnet wird.

Ich habe eine 16.000er DSL-Leitung. Und wie der Heise Kommentator feststellt, reicht dies aus um Netflix zu Streamen, Mails abzuholen und zu surfen. Stimmt. Solange man alleine streamt. Beim Upload dauert es eben etwas länger bis das 500 MB Video zu Youtube geladen ist. Auch die größer werden Uploads führen die Leitung regelmäßig an ihre Grenzen. Das letzte XBox-Spiel wollte erstmal 8 GB an Updates. Nichts, was man schnell mal eben herunterlädt.

Eine schnellere Leitung bringt erstmal nur in solchen Randszenarien etwas. Aber in wenigen Jahren ist so eine Leitung das Modem unter den Internetzugängen. Dann muss ich für Betriebssystemupdates eben einen Nachmittag einplanen. Schnell mal eine neue Netflix-Folge für die Bahnfahrt zur Arbeit am Morgen laden, geht halt nicht.

Aber wenn ich recht überlege: Man braucht das ja nicht. Es muss doch mal ohne gehen. Ging doch früher auch. Und überhaupt, man könnte ja auch mal wieder ein Buch lesen.

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